Die kleine Bucht am See ist umrandet von Schilf, das sich sanft im lauen Wind wiegt. Über eine Wiese schlendert die Träumerin in Richtung See und sieht den kleinen Holzsteg, der über das Ufer hinweg in den See hinein führt. Barfuss betritt sie den Steg, der noch von der untergehenden Sonne gewärmt ist. Sie blickt über das ruhige Gewässer hinweg, in dem sich ein paar Blässhühner mit ihren Jungen tummeln. Der Abendhimmel ist getüncht in ein kräftiges Abendrot, ein Bussard dreht noch seine Kreise.
Am Ende des Stegs setzt sie sich hin, lässt ihre Beine baumeln und taucht die Zehenspitzen in das erfrischende Wasser. Dieser zauberhafte Ort umhüllt sie, kein überflüssiger Laut dringt in die Musik der Natur ein.
Hier darf sie ihren Gedanken freien Lauf lassen, Sehnsüchten ihren Platz einräumen. Bestimmt hat der Wunsch nach Ruhe und den Schönheiten der Natur sie hierhin geführt.
Die Oberfläche des Sees beginnt sich zu kräuseln, als wäre sie aufgeregt. Mit einem mal ist auch die Träumende etwas aufgewühlt, verspürt eine Nähe. Unsicher dreht sie sich um, richtet ihren Blick zurück, dem Steg entlang. Wer ist es, der sich über die Wiese dem Holzsteg nähert?
Der Besucher betritt den Steg, als wäre es das Selbstverständlichste der Welt. Ist das hier nicht ihr Traum? Hat sie ihn etwa gerufen, ohne es zu bemerken? Oder ist dies sein Traum und er hat sie herein gebeten? Lächelnd kommt er auf sie zu, atmet die Abendluft tief ein und fragt in seiner charmanten Art, ob er sich setzen darf. Sie bittet ihn darum, obwohl ihr klar ist, dass er nicht vor hat, es nicht zu tun.
Gemeinsam geniessen sie die Stimmung des warmen Sommerabends. Die Stille, die Farben, die Düfte. Sie hätte tausend Fragen im Kopf, aber keine vermag sich als erste vorzudrängen. Ihr wird klar, dass dieses miteinander schweigen können eine Art Verbundenheit bedeutet.
Neugierig wendet sie sich ihrem Besucher zu. Er richtet seinen Blick in sie hinein und tritt in ihre Seelenlandschaft. Er blickt sich um, geht von Raum zu Raum und fühlt sich wie zu Hause. Sie selbst kann nicht glauben, was passiert. Wie ein offenes Buch liegt sie vor ihm da, geduldig liest er Zeile um Zeile, schlägt behutsam Seite um Seite um. Und dann richtet sie ihren Blick zu ihm und er braucht ihr nichts zu sagen. Sie kann es in seinen Augen sehen.